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Scottish Canals | Ein charmantes Ungetüm, das Schiffe hebt

Richard Williamson

Sales Manager, KTR UK

Karierte Kilts, Dudelsäcke und ein 20 Meter langes Seeungetüm aus der Kreidezeit als Touristenattraktion. Schottland fasziniert nicht nur durch seine Menschen, sondern auch durch seine „Tierwelt“, in der das Ungeheuer von Loch Ness weltweit einzigartig ist. Einziges Problem: Kaum jemand hat es je zu Gesicht bekommen. Wer die faszinierenden Wasserwesen der Highlands kennenlernen, aber nicht vergeblich auf ihr Auftauchen warten will, sollte weiter südlich suchen. Im Millennium Link, dem Kanal, der Schottland von Ost nach West durchzieht, wälzt sich ein imposanter Solitär mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks durch die Fluten: Falkirk Wheel, das einzige rotierende Schiffshebewerk der Welt.

Wie eine janusköpfige Kreuzung aus Wal und Wasservogel hebt das 1.800-Tonnen-Stahlungetüm seinen Hals aus dem Wasser. Neben organischen Formen erinnert der Hybrid an ein keltisches Beil und einen Schiffspropeller. In seinen zwei „Mäulern“ fasst es zwei wassertragende Gondeln, die je zwei Narrowboats aufnehmen können, um sie leicht und behände aus dem Unterwasser des Forth and Clyde-Kanals in das 33 Meter höher gelegene Oberwasser des Union-Kanals zu heben – zur Weiterfahrt nach Edinburgh. Oder umgekehrt Richtung Glasgow. Früher mussten die Boote elf Schleusen über eine Strecke von 1,5 Kilometer passieren, um den Höhenunterschied zu überwinden. Heute reicht eine halbe Drehung um die Radachse, die gerade einmal vier Minuten in Anspruch nimmt.

Bei der Hebearbeit macht sich das Falkirk Wheel ein geniales Prinzip zunutze: Die gegenüberliegenden Gondeln sind mit exakt der gleichen Menge Wasser befüllt: je 300 Tonnen. So balancieren sie sich gegenseitig aus. Der Antrieb muss keinerlei Hubarbeit leisten, sondern lediglich die Reibung überwinden. Das Drehmoment wird über zehn Hydraulikmotoren erzeugt, die in der hinteren Stahlbeton-Pylone konzentrisch um die Drehachse gruppiert sind. Unterhalb der Radlagerung sitzen auf drei Etagen die Hydraulikpumpen, die die Motoren antreiben, ein Notstromgenerator sowie die Transformatoren, die das Rad antreiben. Die Hydraulikmotoren wirken im Verhältnis von 1:100 auf die Verzahnung des hinteren Lagers und dienen gleichzeitig als Bremsen.

Um den reibungslosen Hydraulikbetrieb sicherzustellen, beauftragte Scottish Canals den Elektrohydraulik-Spezialisten Denley Hydraulics in West Yorkshire, die wiederum KTR für das anspruchsvolle Projekt mit ins Boot nahmen: In den Hydraulikeinheiten kommen neben elastischen Klauenkupplungen vom Typ ROTEX – die sind zwischen Motoren und Pumpen verbaut – auch Pumpenträger und Dämpfungselemente von KTR zum Einsatz.

Nessie ist als kryptozoologischer Hybrid aus der Urzeit in die kollektive Erinnerung eingegangen. Das Falkirk Wheel schreibt sich als technisch-ästhetischer Hybrid in die Maschinenbaugeschichte der Neuzeit ein. Die königliche Kommission für schöne Künste adelte das Schiffshebewerk überdies zur „zeitgenössischen Skulptur“. Das charmante Hightech-Ungetüm schaffte es damit nicht nur als Modell ins Londoner Victoria und Albert Museum, sondern ziert seit 2007 auch die Rückseite der 50 Pfund-Noten (Serie 2007 - 2011), die von der Bank of Scotland herausgegeben werden.