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Börger | Kläranlage im Alpenmassiv

René Pottmann

Vertriebsingenieur, KTR Deutschland

Wohin mit einer Kläranlage in einem eng geschnittenen Tal? Wie das Abwasser eines Orts am besten reinigen, damit kein Gast während der Tourismussaison die Nase rümpft? In Zermatt hat man 1977 die Entscheidung getroffen, eine Kläranlage in das Alpenmassiv zu treiben. Fünf Jahre dauerte das Projekt bis zur Inbetriebnahme 1982 – gefolgt von stetiger Modernisierung. Heute arbeitet in Zermatt hinter verschlossener Tür die größte Membranbiologie-Anlage der Schweiz. Sie bringt es auf eine Filterfläche von 32.500 Quadratmetern. Das entspricht in etwa fünf Fußballfeldern. Die Poren der Hohlkammerfasern halten nach den biologischen Abbauprozessen alles zurück, was größer ist als 0,00004 Millimeter. „Da passt keine Bakterie mehr hindurch“, meint Beni Zenhäusern, Chef der Abwasserreinigungsanlage in Zermatt. Für den notwendigen Unterdruck sorgen zwei Permeat-Förderpumpen von Börger. Sie saugen das biologisch gereinigte Wasser durch die Filterkassetten hindurch.

Im Winter runter, im Sommer wieder rauf

Runter von der Piste, rein ins Après-Ski-Vergnügen. Bevor es zum Abendessen in die Gaststätte oder das Hotelrestaurant geht, springen die Wintersportler erst mal unter die heiße Dusche. „Wir leben vom Tourismus“, sagt Beni Zenhäusern. Die Saison beschreibt der Schweizer anschaulich mit den zwei Höckern eines Kamels. Brettern die Schnee-Enthusiasten im Winter die Hänge herunter, kraxeln Wanderfreunde sie im Sommer wieder rauf. Zweimal Hochsaison: Die Kläranlage von Zermatt muss dann Höchstleistung liefern und ist entsprechend auf 76.000 Einwohnergleichwerte ausgelegt. Das Erstaunliche: Die Zahl der Einheimischen am Fuß des Matterhorns liegt unter 6.000. Die hohe Differenz resultiert aber nur zu einem Teil aus der reinen Übernachtung. Vielmehr sind es die gastronomischen Betriebe mit ihren mindestens drei Mahlzeiten am Tag, die den chemischen Sauerstoffbedarf in der Abwasserreinigung nach oben treiben.

Hohe Leistungsdichte auf engem Raum

Der Leistungsbedarf lässt sich angesichts des begrenzten Platzes in den Felskavernen des Schweizer Alpenmassivs nur mit Prozesstechnik erreichen, die überaus effektiv arbeitet. In Zermatt setzt man deshalb in der Nachklärung Membranfilter ein. Die Börger-Drehkolbenpumpen liefern im Filterbetrieb den notwendigen Unterdruck. Zwischen Pumpe und Antriebsmotor ist eine drehelastische ROTEX-Klauenkupplung im Einsatz, um die Drehmomentstöße beim Anfahren sowie als Folge von Druckschwankungen abzufangen. Das gilt auch im umgekehrten Betrieb – dann, wenn die Pumpen umschalten und die Membranfilter wieder spülen.

Zermatt war für uns insofern eine Herausforderung, als die Anlage 1.800 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Hier herrschen andere Luftdruckverhältnisse, die wir bei der Auslegung der Pumpe berücksichtigen mussten.

Die Auslegung der Pumpen vom Typ Classic EL 1550 gestaltete sich in diesem Fall übrigens alles andere als trivial. Der Grund: Die Kläranlage liegt 1.800 Meter über dem Meeresspiegel. Das hat spürbare Auswirkungen auf den Luftdruck. Der sinkt nämlich – vereinfacht berechnet – um ein Hektopascal je acht Meter Höhe. Der Luftdruck in Zermatt liegt damit etwa 20 Prozent unter dem auf Meeresspiegelhöhe. Die dünne Luft bringt Menschen und Pumpen gleichermaßen in Atemnot. Bei den Permeat-Pumpen steigt durch den fehlenden Druck auf das Abwasser die Kavitationsneigung. Der Begriff Kavitation beschreibt die Entstehung und den explosionsartigen Zusammenfall von Wasserdampfblasen in einer Flüssigkeitsströmung. Dieser auch in der Schifffahrt gefürchtete Effekt verringert die Effizienz und verursacht zudem Schäden an den Drehkolben. „Vor diesem Hintergrund haben wir die Pumpen für die Schweizer Alpen größer ausgelegt – mit dem Ziel, die Drehzahl zu reduzieren und damit der Kavitation wirksam zu begegnen“, erklärt Stefan Hülsmann, Vertriebsleiter D-A-CH bei Börger.

Und noch ein interessantes Detail im Rande: Das Abwasser in Zermatt ist im Winter wärmer als im Sommer. Dieses Phänomen hat nach Auskunft von Beni Zenhäusern zwei Ursachen: Es wird im Winter länger und heißer geduscht. Zudem fließt aufgrund der Minusgrade kein Oberflächenwasser durch die Kanäle.