„Wir leisten einen kleinen, aber sehr wichtigen Beitrag für die Funktion und Sicherheit von Schiffen.“

Seine Ideen haben elektrische Bremsen für die Windindustrie ins Leben gerufen. Warum er sich jetzt dennoch nicht um das Thema Wind, sondern um Schiffe kümmert, hat uns Gabor-Josef Agardy, Produktmanager für elektromechanische Bremssysteme, in unserem Interview verraten.

KTR Systems: „KTR, Bremsen und Schiffe – Wie hast Du den Weg zu uns und diesen Themen gefunden?“

Gabor-Josef Agardy: „In den ersten 4 Jahre meiner beruflichen Tätigkeit als junger Maschinenbauingenieur habe ich elektrische und hydraulische Fertigungsvorrichtungen für die Fertigung von Teilen für Schiffsmotoren konstruiert. Die nachfolgenden 28 Jahre habe ich mich mit dem Thema Entwicklung von Bremsen beschäftigt. Am Anfang waren es hydraulische Bremsen für Straßenbahnen mit hohen Anforderungen an deren Lebensdauer und Sicherheit unter extremen Schockbelastungen und Umwelteinflüssen.

Josef-Gabor Agardy
T: +49 5207 99161-40

Ein Meilenstein war für mich das Jahr 2002, in dem durch meine Idee die Entwicklung der elektrischen Bremsen für die Windindustrie gestartet wurde. Zusammen mit zwei Kollegen habe ich diese Vision erfolgreich in dem Markt gebracht und 2009 haben wir mit diesen neuartigen Produkten die EM Brake Systems AG gegründet. Die maritimen Anwendungen und die Schiffsbauindustrie waren von Anfang an interessante Industriezweige. KTR hatte bereits eine hydraulische Bremse als Parkbremse für einen Schiffsantrieb gebaut, warum nicht den Kunden auch eine elektrische Alternative anbieten? Nach einigen Kundengesprächen ist die Idee der elektrischen Haltebremse positiv aufgenommen worden und in Kombination mit einer anderen EMB Entwicklung, der Ziehvorrichtung, ist die erste elektrische „Stop and Turn“ Vorrichtung für einen Schiffsantrieb entstanden.  Der nächste Entwicklungsschritt zu unseren jetzt erfolgreichen „STOP-BLOCK-TURN“ Vorrichtungen für Schiffsantriebe war dann nicht mehr zu stoppen. Unser Entwicklungsteam hat in kürzester Zeit mehrere Größen und Varianten der  SBT-Vorrichtung konstruiert und wir konnten bereits viele namhafte Kunden mit diesen Produkten begeistern.“

KTR Systems: „Bremsen am Fahrrad oder Auto kennt eigentlich jeder, an Schiffen sieht es da schon anders aus. Wo werden die Bremsen im Schiff eingesetzt und welche Eigenschaften muss eine gute Bremse für ein Schiff mitbringen?“

Gabor-Josef Agardy: „Es gibt zwei Anwendungsfälle: unter Deck und über Deck.

Über Deck werden zumeist hydraulische passive, federbetätigte Sicherheitsbremsen angewendet, zum Beispiel auf Kränen oder Winden. Diese Bremsen benötigen eine hohe Zuverlässigkeit und Korrosionsbeständigkeit. Unter Deck werden Bremsen eingesetzt, um die Propellerwelle fest zu halten, wenn diese nicht angetrieben wird. Zum Beispiel um die hydrodynamischen Lager zu schützen. In einigen Anwendungen ermöglicht die Bremse ein schnelles Stoppen der Welle während der Fahrt und erhöht somit die Manövrierfähigkeit des Schiffes. Es werden ausschließlich aktive Bremsen eingesetzt, mit hoher Zuverlässigkeit, Korrosionsschutz, einfacher und sicherer Bedienung und geringem Wartungsaufwand. Generell sind hohe Bremsmomente gefordert. In einigen Anwendungen sind die Bremsen ein Teil unseres Stop-Block-Turn Systems, das zusätzlich ein Drehen der Schiffswelle ermöglicht -zum Beispiel, um Muschelbefall im Hafen zu vermeiden oder um den Blockierbolzen für Wartungszwecke setzen zu können.

KTR Systems: „Teilweise befahren die Schiffe ja ungewöhnlich raue Gebiete auf der ganzen Welt. Welchen Herausforderungen sind unsere Produkte auf hoher See besonders ausgesetzt?“

Gabor-Josef Agardy: „Die Komponenten über Deck sind Wind, Wetter und Wellen ausgesetzt. Somit ist der höchste offshore Korrosionsschutz unabdingbar. Beim Einsatz in polaren Regionen, zum Beispiel auf Eisbrechern und zunehmend auch auf Transportschiffen, kommen die tiefen Temperaturen hinzu. Im Maschinenraum unter Deck ist dagegen eher die höhere Temperatur zu erwähnen. Gleichzeitig wirkt sich auch der Wellengang auf die Produkte aus, der Neigungen des Schiffes und implizit der Komponenten in verschiedenen Richtungen verursacht. Bei speziellen Marine-Anwendungen kommen extreme Schockbelastungen hinzu. Und nicht zu vergessen: Ein kaputtes Teil darf auf hoher See die Manövrierfähigkeit des Schiffes nicht beinträchtigen. Dieser Fall darf am besten gar nicht auftreten, denn das Ersatzteillager ist begrenzt oder tausende Seemeilen entfernt.

KTR Systems: „Welches Projekt, das du bisher bearbeitet hast, war für dich das beeindruckendste und warum?“

Gabor-Josef Agardy: „Unsere bisher größte Stop-Block-Turn Vorrichtung, welche wir in Kürze ausliefern, wird demnächst in 4 der größten und modernsten Kreuzfahrtschiffe der Welt eingebaut. Wenn man in der Werft vor dem Schiff steht und dessen Dimensionen wahrnimmt, ist man schon stolz einen kleinen, aber wichtigen, Beitrag für die Funktion und Sicherheit eines solchen Kolosses geleistet zu haben.“

KTR Systems: „Zuletzt noch eine ganz persönliche Frage: Was macht Dir an den Themen Schiffe und Bremsen am meisten Spaß? Was motiviert dich, ständig am Ball zu bleiben?“

Gabor-Josef Agardy: „Jeder Bremsen-Anwendungsfall ist anders und spannend. Es gilt so viele Parameter gleichzeitig in Einklang zu bringen, um die gewünschte (Brems-) Wirkung zu erzielen. Der Bremsprozess als tribologischer Prozess ist leider nicht exakt definierbar und reproduzierbar, technisches Verständnis und Erfahrung sind hierzu sehr hilfreich. Gleichzeitig wird meine Neugier immer gut bedient, es gibt immer neue Anwendungen, sodass man immer noch etwas dazulernen kann. Bei den Schiffen ist es auch diese Vielfallt der Anwendungen, die mich nach wie vor begeistert.

Es motiviert unheimlich, wenn man als Produktmanager seine Ideen erfolgreich in neue Produkte einbringen und mit diesen Produkten neue Märkte erobern kann. Es macht Spaß, den Kunden über den besonderen Nutzen, den er aus unseren Produkten ziehen kann, zu beraten und gleichzeitig ein Ohr für seine Wünsche und Bedürfnisse offen zu haben. Aus diesen Wünschen können dann später vielleicht neue Ideen und Produkte entstehen…“

KTR Systems: „Danke für das spannende Gespräch, Josef!“

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der Antriebstechnik. Die Anforderungen der Branche an sie steigen dabei stetig: Energieffizienz, Leistungsdichte, Servicefreundlichkeit und...

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